Muttertag

Es ist egal, ob ich eine Zeitung oder Zeitschrift aufschlage, ob ich die Glotze oder das Radio anschalte. Es ist völlig wurst, ob ich emails abrufe oder mich auf Facebook bewege. Überall kommt die frohe Botschaft: Bald ist Muttertag, habt ihr schon alle Geschenke?
Hallo? Wo sind wir denn? Achja, in einer konsumorientierten Gesellschaft, ich vergaß es für einen kurzen Moment.

Laut Wikipedia ist der Muttertag:

 

Der Muttertag ist ein Feiertag zu Ehren der Mutter und der Mutterschaft. Er hat sich seit dem 20. Jahrhundert in der westlichen Welt etabliert. Im deutschsprachigen Raum und vielen anderen Ländern findet er am zweiten Sonntag im Mai statt.

 

So, ich bin Mutter und das gerne, ich habe eine Mutter, die ich gerne habe. Deswegen muss ich doch aber nicht am zweiten Sonntag im Mai mit einem riesigen Geschenk loszotteln, um ihr zu zeigen, dass ich sie gern habe. Ich erwarte auch nicht, dass unsere Kinder ihr Taschengeld für irgendwelche ominösen Muttertagsgeschenke oder völlig überteuerte Schnittblumen ausgeben.
Vor 2 Jahren habe ich von unserem Sandwich ein Gedicht bekommen, um das er ein paar Bilder gemalt hat und auf dem noch zusätzlich stand, dass er mich lieb hat. DAS fand ich schön, das war persönlich und ich hatte einen dicken fetten Klos im Hals.

Ein paar Jahre vorher bekam ich von ihm dieses Gedicht:

 

Mütterlein – wenn es dich nicht gäbe!

Wir wären nie gewaschen,
und meistens nicht gekämmt,
die Strümpfe hätten Löcher
und schmutzig wär’ das Hemd.

Wir äßen Fisch mit Honig
und Blumenkohl mit Zimt,
wenn du nicht täglich sorgtest,
dass alles klappt und stimmt.

Wir hätten nasse Füße
und Zähne schwarz wie Ruß
und bis zu beiden Ohren
die Haut voll Pflaumenmus.

Wir könnten auch nicht schlafen
wenn du nicht nochmal kämst
und uns, bevor wir träumen
in deine Arme nähmst.

Und trotzdem sind wir alle
auch manchmal eine Last –
was wärst du ohne Kinder?
Sei froh dass du uns hast !!!

 

Ich habe mich köstlichst amüsiert und Tränen in den Augen gehabt. Was brauch ich also Geschenke? Nur dafür, um mir bewusst zu machen, dass die kurzen mich lieb haben? Nein, das können sie mir jeden Tag mit Kleinigkeiten zeigen.

Aber dieses Geschwafel und aufgesetzte fröhliche Gefrage nach Geschenken finde ich, mit Verlaub gesagt, zum Kotzen. Im August gibt es bereits Weihnachtsgedöns, so wird mir Weihnachten schon gründlich versaut. Zwischendurch muss ja auch noch dran erinnert werden, dass Nikolaus ja nicht ohne mindestens wenn nicht noch größere Geschenke abgeht. Halloween wird hierzulande inzwischen noch größer gemacht, als es eigentlich ist. Wehe man hat keine komplette Halloween-Party-Ausstattung.
Weihnachten hatte ich ja schon. Aber wehe, man vergisst auch die Hauskatze der Freundin von Nachbars Schwippschwagers Neffens Bekannter mit einem Geschenk zu versorgen.
Schenkt man inzwischen an Silvester eigentlich auch was? Nee? Das schleift aber.

So, kaum sind die Weihnachtsmänner aus dem Regal oder auf den Grabbeltischen gelandet, halten die Osterhasen Einzug. Zwischendurch wird bestimmt hunderte Male daran erinnert, dass ja am 14.02. Valentinstag ist, an dem wir unsere Liebsten gefälligst zu beschenken haben. Nicht mit einem schnöden Blumenstrauß. Ein 8-gängiges Menü mit anschließender Wellnessbehandlung im teuersten Hotel der entlegensten Gegend sollte es schon sein. Wenn nicht gar ein Privatjet, der der liebten eine handgeklöppelte Nachricht überbringt.

Um nach Ostern nicht völlig auf dem Schlauch zu stehen und nicht zu wissen, wem man vor lauter Verzweiflung etwas schenken soll, folgen Mutter- und Vatertag ja dicht aufeinander. Und wehe, diese beiden Individuen werden nicht mit den größtmöglichen Geschenken bedacht.
Zum Glück ist im Sommer mal Ruhe. Ach nein, ist man selber Mutter oder Vater, wird ja noch der Kindertag zelebriert, der nicht mehr dafür da ist, dass die Eltern mal mit den Kindern eine Radtour machen, mal in den Zoo gehen (sofern der Eintritt da nicht die Familienkasse sprengt)

Während des Kalten Krieges fand der Kindertag in Ost und West zu verschiedenen Terminen statt (DDR: 1. Juni, Bundesrepublik Deutschland: 20. September), hatte verschiedene Namen (DDR: Internationaler Kindertag, BRD: Weltkindertag) und einen unterschiedlichen Charakter.

In der DDR wurde der Kindertag im Jahre 1950 eingeführt und war fortan ein herausragendes jährliches Ereignis im Leben der Kinder. Es gab Veranstaltungen mit Gratulationen und Geschenken von den Eltern und Erziehern. In Schulen und Kindereinrichtungen wurde der Tag mit Umzügen und Programmen gestaltet, wobei Lieder wie Kleine weiße Friedenstaube an den Charakter des Festes für Kinderrechte erinnerte. In anderen osteuropäischen Ländern wird der Kindertag ebenfalls am 1. Juni gefeiert.

Seit der Deutschen Wiedervereinigung werden beide Tage festlich begangen. Die Hauptfeierlichkeiten finden jedoch am 20. September statt. Die größten Feste zum Weltkindertag mit mehr als 120.000 Besuchern finden in Berlin und Köln statt.

Moment mal, da hab ich was verpasst. Irgendwie ist doch auch auch immer entweder kurz vor oder kurz nach dem 01.06. immer irgendwo Kindertag.

Langsam reichts mir. Ich beginne zu verstehen, warum es irgendwann mal jemanden gegeben hat, der meinte, es sei wichtiger für Kinder, wenn sie ihren Namen tanzen können, als dass sie alle putzigen Feier- und Festtage wissen. Außerdem kann ich langsam verstehen, warum es Menschen gibt, die freiwillig in den Wald ziehen und sich von der Außenwelt abschotten.

Achja, ich habe noch einen interessanten Satz bei Wikipedia gefunden: Mit steigender Verbreitung und Kommerzialisierung des Muttertags wandte sich die Begründerin des Feiertages von der Bewegung ab, bereute, diesen ins Leben gerufen zu haben, und kämpfte erfolglos für die Abschaffung des Feiertages.
Sie wollte doch nur ihrer verstorbenen Mutter gedenken und einen Tag eingerichtet haben, an dem den Müttern gedacht wird.
Der Muttertag hat seinen Ursprung in der englischen und amerikanischen Frauenbewegung. Die Amerikanerin Ann Maria Reeves Jarvis versuchte 1865 eine Mütterbewegung namens Mothers Friendships Day zu gründen. An von ihr organisierten Mothers Day Meetings konnten Mütter sich zu aktuellen Fragen austauschen. 1870 wurde von Julia Ward Howe eine Mütter-Friedenstag-Initiative unter dem Schlagwort peace and motherhood gestartet. Sie hatte das Ziel, dass die Söhne nicht mehr in Kriegen geopfert werden sollen.

Vielleicht sollten sich darauf mal wieder ein paar mehr Leute besinnen. Man muss doch nicht jeden Feiertag gnadenlos ausschlachten und mit Konsum belegen. Mir reicht es, wenn meine Kids mir ein Gänseblümchen abpflücken, mich in den Arm nehmen oder mir einfach zeigen, dass sie froh sind, dass ich ihre Mami bin.

sonntags21

9 Kommentare zu “Muttertag”
  1. Gottelchen bist du zynisch ^^ Aber du hast vollkommen recht es REICHT!! Ich bin Mutter und das gern, aber habe auch eine nicht nette Vergangenheit und deshlab keine Mutter mehr. Und an dem tag kommt das alles wieder hoch… das muss irgendwie nicht sein…
    Aber wie heißt es auch so schön: Schenke Blumen im Leben, denn auf den gräbern blühen sie vergeben.
    Mein Sohn wird uns wieder was schönes basteln im Kiga. Ich hab ne Kleinigkeeit(nein es ist kein 12-Gänge Menü mit 3 Fachen Dessert).
    lg Ramona 🙂

  2. Ich war irgendwie ein wenig auf Krawall gebürstet 😀 Jetzt ist auch wieder gut 😀
    Ramona, den Spruch darf ich ggf. weiter verwenden?
    Claudi – hier unterschreiben 😀

  3. Hallo meine kleine auf Krawall gebürstete Sabo-Maus,

    du hast so recht und sprichst mir und Gott sei Dank auch meiner Familie aus dem Herzen. Wir haben uns schon vor sehr langer Zeit darauf geeinigt so einen Zinnober nicht zu unterstützen. Ich kaufe etwas, wenn ich der Meinung bin, es könnte zum Beispiel meiner Mom gefallen und schenke es ihr. Dabei schaue ich nie aufs Datum, warum auch? Ich mag ihr etwas schenken, weil ich ihr etwas schenken mag und nicht weil der 12. Mai ist. Ausgenommen sind nur Geburtstage und Weihnachten, da gibts Geschenke, weil es sonst irgendwie nackisch wäre, aber sonst. Boykott 😀

    Knutschaaaa
    Sandra

    • Mir ist grad siedendheiß eingefallen, dass ich dieses Jahr tatsächlich zum 12.05. was verschenke – ein Geburtstagsgeschenk 🙂

    • 🙂 Fetzt! Joah, kannste Dich an das Becken im Phaeno erinnern, wo die weißen Trockeneisteilchen über das Wasser schwammen? Kannste dann selber machen 😀

  4. Muttertag war ja während des 3. Reichs der absolute Renner, damit die Mütter dem Adolf Kanonenfutter zur Welt bringen. Das ganze Gedöns ist nur Geschäftemacherei und hilft Firmen wie Douglas und Fleurop.
    Übrigens kann man sich durchaus an Silvester etwas schenken! In Italien schenkt der junge Mann seiner Freundin rote Unterwäsche. Trägt sie es nach einem Jahr immer noch, dann bleiben die 2 zusammen.
    Wie das mit der Wäsche gehandhabt wird, weiß ich nicht.
    LG
    Sabienes

  5. Huhu Sabines,
    danke für den Knaller – ich hab mir auch grad vorgestellt, dass Sie dann 1 Jahr in der geschenkten Unterwäsche rumhoppelt. Also wenn er DANN noch immer mit ihr zusammen ist, dann MUSS das Liebe sein 😀

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